Malawi

Bo bo?! (Informelles „Alles klar?“ in Chichewa)


Bei uns ist alles sehr klar und gut :). 


Wir durften einen Monat im extrem vielseitigen, freundlichen und schönen Binnenstaat Malawi verbringen. Malawi ist ein kleines, dicht besiedeltes Land, welches im Vergleich zu seinen Nachbarn seit seiner Unabhängigkeit keinen Krieg erfahren musste. Geprägt ist das Land vom mehrere hundert kilometerlangen Malawisee. Der Süsswassersee ist die wohl wichtigste natürliche Ressource des Landes. Hier wird fleissig gebadet, gewaschen, gefischt, Handelsgut transportiert und Trinkwasser abgeschöpft. 


Aber der Reihe nach. Von Mosambik her kommend war das Land zuerst von grünen, saftigen Hügeln, Radkollegen und Kirchen geprägt: Malawi ist wohl das Veloland Afrikas schlechthin, was uns natürlich sehr gefreut hat; auf einfachen indischen Eingängern werden bis zu vier prallvolle Kohlesäcke, gefesselte Geissböcke oder zahlende Kundschaft transportiert. Ausserdem wird grosszügig für das Seelenheil gesorgt: alle paar hundert Meter wechseln sich die Methodisten, 7-Tage Adventisten, Baptisten, Zionisten, Katholiken und Zeugen Jehowas mit ihren einfachen Glaubenshäusern und sozialen Treffpunkten ab. Die erste Nacht auf malawischen Boden haben wir dann auch gleich bei einer sehr netten Zeugen Jehowas Familie im Garten campiert (den Wachturm mussten wir natürlich entgegennehmen, aber ansonsten wurden wir nicht bekehrt :)).


Nach zwei Tagen haben wir die „Wirtschaftsmetropole des Landes“ Blantyre erreicht. Wie viele afrikanische Städte nichts Besonderes und dem kleinen, wirtschaftsschwachen Malawi entsprechend auch nicht wirklich gross. Wir hatten trotzdem eine kurzweilige Zeit insbesondere auch dank der srilankisch-malawischen Familie, bei der wir über Airbnb wohnten. Ausserdem aufgefallen sind die vielen Expats, die hier für die zahlreichen Hilfswerke und NGOs tätig sind. Allgemein scheint Malawi im Fokus der Entwicklungshilfe (gewesen) zu sein. Wir werden in den nächsten Wochen noch an unzähligen Schildern vorbeifahren, die auf von der EU, US Aid oder World Vision unterstütze Projekte wie z.B. „Farmers Income Diversification“ hinweisen (mitunter eine Folge der Hungersnot von 2001). In Mosambik haben wir nichts Vergleichbares gesehen, obwohl die beiden Länder ähnlich schlecht dran sind.


Von Blantyre haben wir eine dreitägige Wanderung im Mulanje Gebirge unternommen. Mit unserem Guide Lewis (ein Guide ist obligatorisch und angesichts der nicht ausgeschilderten Pfade auch empfehlenswert) sind wir von Hütte zu Hütte gewandert. Die Hütten waren erstaunlich komfortabel mit Cheminée, heissem Badewasser, welches der Hüttenwart auf dem Feuer erhitzt hat, und grosszügigen Veranden. Am zweiten Tag wollten wir auf den mit 3000 Metern höchsten Gipfel Malawis „Sapitwa“ klettern. Leider war am Vormittag so dichter Nebel, dass wir eine lange Pause einlegen mussten und es daher für uns nur noch bis kurz vor dem Gipfel gereicht hat. Aber die Wanderung sowie die Aussicht waren absolut atemberaubend. Zudem haben wir von Lewis viel über Malawi und seinen Heiratsmarkt erfahren: Im Vergleich zum Süden muss der Mann im Norden bis zu vier Kühe pro Frau zahlen, die Kinder gehören bei einer Trennung dafür ihm. Sollte es innerhalb eines Jahres keine Kinder geben, hat der Mann Anspruch auf einen „Ersatz“ aus der Familie (Schwester, Cousine etc.). Sollte kein geeigneter Ersatz verfügbar sein, wird ihm der Kaufpreis zurückerstattet. Umgekehrt muss der Mann innerhalb eines Jahres für ein Haus sorgen, ansonsten kann er vor dem lokalen Stammesgericht verklagt werden. 


Danach ging es über die alte Hauptstadt Zomba nach Liwonde am Shire Fluss. Im Liwonde Nationalpark konnten wir innerhalb des Zauns campieren und haben in der Nacht die grunzenden, grasenden Hippos vor unserem Zelt gehört. Am Folgetag haben wir uns revanchiert und sind in ihr  Gebiet eingeschifft. Lustige Kreaturen, die allerdings nicht unterschätzt werden sollten. Es sterben mehr Menschen durch die launischen Dickbäucher mit den kleinen rosa Ohren, als durch Bullenhaie und Löwen zusammen. Ausserdem haben wir die Gelegenheit genutzt und haben zusätzlich zur Bootstour noch einen exklusiven „Game Drive“ mit einem alten Safarimobil aus den 70ern gemacht tolle Erfahrung! 


Durch Buschpfade, die allesamt velotauglich sind, haben wir uns in Richtung See bewegt. Immer wieder sind wir an riesigen Baobabs vorbeigekommen, die sich vor keinem Redwood verstecken müssen. Die Baobabfrucht allerdings hat nicht Luca’s Gusto entsprochen und auch Hannah hat sie als „bitter, sauer, trocken“ verurteilt. Im Vergleich zu Mosambik, hat die Regenzeit in Malawi ihren Namen verdient. Meist an den Abenden hat es für ein bis zwei Stunden wie aus Kübeln gegossen. Demenstprechend mussten wir auf unseren Räuberwegen auch immer wieder kleinere bis grössere Flüsse queren. 


Was wir an Malawi unglaublich schätzten, sind die sehr freundlichen, neugierigen, über beide Backen strahlenden Menschen. Insbesondere die Kinder waren auf der Strasse allgegenwärtig. Meist haben diese uns schon aus weiter Distanz entdeckt, sind bis zur Strasse gesprintet, nur um uns dann ganz cool entgegenzuschlendern. Sobald wir vorbei waren, riefen sie uns oft ein verlegenes bis manchmal auch freches „Give me (your/my) money!“ (nebst dem standardmässigen „Asungu“) hinterher. Es passierte auch schon mal, dass wir um Tomaten feilschten und als wir nach einer Minute aufschauten, waren ein paar Dutzend Kinder um uns geschart, still beobachtend. Eine Nacht haben wir auf dem Schulgelände einer Primarschule gezeltet. Wir haben nicht schlecht gestaunt, als wir bereits um 5 Uhr morgens die ersten Kinderstimmen hörten (vor dem Unterricht gibt es Porridge, der Appell ist allerdings erst um 7.15 Uhr). Wir waren einmal mehr eine riesige Attraktion, jeder noch so kleiner Schritt wurde genaustens beobachtet. 


Angekommen am See haben wir einen Stopp im bekannten Cape Maclear gemacht und haben uns danach an der Küste hoch bewegt. Von Senga Bay aus sind wir mit der einzigen und nicht zu Unrecht legendären „MV Ilala“ 300 Kilometer, während 30 Stunden über den See bis nach Nkhata Bay gefahren. Doch zuerst galt es bei grossem Wellengang mit all unserem Baggage via Transportboot an Bord zu gelangen. Zum Glück haben die Träger nicht nur Frauen auf ihren Schultern, sondern auch unsere Räder transportiert. Die Ilala ist eine stimmungsvolle Fähre aus den 50ern mit drei Decks. Wir haben die Nacht auf dem obersten Deck (direkt am Fusse der Bar) verbracht. Während wir komfortabel Platz und frische Luft hatten, reisten in der zweiten Klasse auf dem untersten Deck die Malawier auf engstem Raum und mit aberhundert Kilos von lebendigen und getrockneten Fischen. Bei jedem Stopp kamen die Fischer in ihren einfachsten Einstämmer und priesen ihren frischen Fang an. Als wäre noch nicht genug Fisch an Bord haben die Passagiere weiter zugeschlagen. Insbesondere für die Likoma Insel ist die Ilala überlebensnotwendig. Ein Mal pro Woche haben sie so die Möglichkeit mit dem Festland Handel zu treiben. Auf Likoma gibt es zudem eine im Verhältnis zur Bevölkerung absolut überdimensionierte, gut erhaltene, klosterähnlich angelegte Kirche. Die Stunden auf der Ilala waren ein Highlight für uns! 


In Nkhata Bay haben wir die Vorzüge des Sees und des guten Wetters in vollen Zügen genossen. Von einem coolen Campingplatz/Backpackers aus haben wir Minikayak-Trips gemacht, sind im See geschnorchelt und haben leckeren Chambo (endemischer Fisch) gegessen. 

Von Nkhata Bay sind wir landeinwärts über unzählige Anstiege nach Mzuzu, Rumphi und Livingstonia geradelt. Die Landschaft wurde neu zusätzlich zu den Maisfeldern von Tabakplantagen geprägt. Die Tabakpflanze mit ihren riesigen Blättern leuchtet hellgrün und riecht ziemlich intensiv. Die Blätter werden getrocknet und über die Tabakbörse an die grossen Konzerne verkauft. Tabak ist eine wichtige Einnahmequelle für Malawi mit jedoch einer grossen Schattenseite für die Kleinbauern. Mehr dazu im noch immer aktuellen Podcast von 2016: 

https://m.srf.ch/sendungen/international/tabak-macht-malawi-abhaengig-und-krank


Von Livingstonia ging es über 22 Haarnadelkurven und holprigste Strassen wieder steil zum See hinunter. Danach endlich wiedermal flach bis nach Tanzania. Jipeee! 


Kaum zu glauben, dass wir nun schon über ein halbes Jahr unterwegs sind. Wir wünschen einen guten Frühlingsanfang und melden uns von Sansibar wieder! :)


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