Tansania

Mambo! (Hallo auf Suaheli)


Der Grenzübergang nach Tansania verlief problemlos: Gelbfieberimpfausweis, 50 Dollar und 15 Minuten später hatten wir unser Visa für satte drei Monate in diesem grossen und vielfältigen Land. Tansania ist als Tourismusdestination dank bekannten Safari-Nationalparks (Serengeti und Co.), Kilimanjaro und Sansibar schon länger beliebt. Die ersten drei Wochen haben wir von alldem jedoch nichts mitbekommen und sind keinen anderen „Azungus“ begegnet. Durch hügelige, sattgrüne Landschaften, die vor allem von Teefeldern und Bananenplantagen geprägt waren, radelten wir von der malawischen Grenze in Richtung Nordosten. Es war gerade Erntezeit und man war fleissig damit beschäftigt, Bananen an den Mann/Frau oder auf die Lastwagen zu bringen. 


Tansania verfügt über ein gut ausgebautes, asphaltiertes Strassennetz, welches sich allerdings auf grosse Hauptstrassen mit vielen Lastern konzentriert: Aufgrund des grossen Hafens in Dar Es Salaam werden jenste Güter (vor allem Holz, Benzin, Kupfer und Autos) von und zu den Binnenländern Malawi, Kongo und Sambia transportiert. Um die Hauptstrasse zu meiden, entschieden wir uns für einen Umweg über das Herz der Southern Highlands. Wir haben dabei nicht damit gerechnet, dass wir für knapp 250 km fünf schweisstreibende Tage benötigen werden. 


Aber wie so oft haben sich die Zeit und der Schweiss so was von gelohnt. Zuerst ging es nur steil bergauf auf das Kitulo Plateau, wir waren bis auf über 2900 M.ü.M. geklettert. Der Kitulo Nationalpark ist nicht für seine Tiere bekannt, sondern für seine Flora. Weit und breit keine Häuser, dafür grosse Wiesen von pinken Blumen, Disteln und exotischen Orchideen. Wir haben uns darauf eingestellt, dass wir uns während diesen Tagen selbst versorgen müssen und so haben wir reichlich aufgestockt. Durch diese Extrakilos ging das ewige Auf und Ab noch mehr in die Beine. Und wir wurden überrascht, dass es in den kleinsten Dörfern gutes und günstiges Essen und meist auch ein einfaches Guesthouse hatte. Zum Frühstück gab es Chapati und Chai, danach Reis, Bohnen, spinatähnliches Gemüse und je nachdem „chätschiges“ Lamm, Rind oder Huhn. Manchmal auch getrockneten Fisch. Tansania war unerwarteterweise noch günstiger als Malawi und Mosambik: So haben die einfachen, aber sauberen Hotelzimmer mit kalter Dusche und Plumpsklo pro Nacht durchschnittlich gerade mal 7 CHF gekostet. Einmal sogar nur 2.50 CHF. Ein grosses Mahl mit allem drum und dran kostete ca. 1.50 CHF. Unglaublich günstig und sehr lecker! 


Die Kombination von günstigen Übernachtungsmöglichkeiten und viel Niederschlag haben dazu geführt, dass wir in ganz Tansania nur einmal (wild) gezeltet haben (während wir in Malawi praktisch jede Nacht im Zelt geschlafen haben). Ausser uns waren noch Motorräder, Eseltreiber, Kinder in Schuluniformen, drei bis vier „Japanese“ (Linienbusse) pro Tag und ab und zu ein mit muslimischen oder christlichen Motiven verzierter Lastwagen („Jesus in Action“ :)) unterwegs. 


Wieder zurück auf dem Asphalt ging es über Njombe nach Iringa. Iringa ist immer noch hoch gelegen, hat ein angenehmes Klima und scheint die Hochburg für westliche NGO‘s zu sein. So viele Weisse auf einmal haben wir seit Südafrika nicht mehr gesehen. Dafür haben wir die Vorzüge von gutem italienischem Essen und feinem Kaffee genossen :). Nach Iringa wurde unsere Bergleistung belohnt und wir konnten fast 2000 Höhenmeter runterfräsen (dafür wurde es wieder so richtig, richtig heiss, weshalb wir wieder früher aufstehen und noch mehr Wasser trinken mussten). Durch schöne Baobab-Täler und vorbei an Baboon-Trupps ging es in Richtung Mikumi Nationalpark. Ausserdem haben wir endlich ein einigermassen erkennbares Foto von einem „lilac breasted roller“ schiessen können: Ein absolut paradisiesicher Vogel mit den schönsten Farbtönen, der uns schon seit Südafrika immer wieder begegnet ist, aber ohne anständigem Zoom-Objekiv schwer abzulichten ist.


Der Mikumi Nationalpark ist einer der wenigen Nationalparks Afrikas mit Löwen, Leoparden, Elefanten, Büffeln UND Radfahrern. Die Strasse führt mitten durch den Park und obwohl wir nicht unbedingt in das typische Beuteschema der Grosskatzen passen und die Löwen die befahrenen Strassen meiden (wieso dann die Busse-Tabelle für Roadkills?), haben wir die 50 km durch den Park mit leicht mulmigen Gefühl, wachem Blick und grösstmöglicher Geschwindigkeit hinter uns gebracht. Es war allerdings auch ein sehr toller und kurzweiliger Abschnitt mit vielen Giraffen, Warthogs, Waterbucks, Antilopen, Marabus und Büffeln direkt neben der Strasse.


Zu dieser Zeit haben uns auch die Neuigkeiten vom Zyklon Idai und dessen verheerenden Folgen in Mosambik, Malawi und Simbabwe erreicht. Es war tragisch für uns zu erfahren, dass viele Orte, an denen wir noch vor wenigen Wochen vorbeifuhren, zerstört und viele Menschen obdachlos geworden oder gar gestorben sind. Insbesondere weil wir mit eigenen Augen gesehen haben, wie wenig diese Menschen ohnehin haben und wie verletzlich sie sind.


Die letzten paar hundert Kilometer nach Morogoro und Dar Es Salaam waren wie erwartet geprägt von zunehmendem Verkehr, viel Abgas und wenig Abwechslung. Es war der erste Streckenabschnitt auf unserer Reise, den wir einfach so schnell wie möglich hinter uns bringen wollten. Heil angekommen in Dar haben wir erst mal Luca’s Dreissigsten gefeiert (mit gutem Essen & Trinken, Sonnenuntergang am Meer und AC Zimmer).


Wir haben uns nach längerer Diskussion entschieden, dass Dar Es Salaam der vorläufige Endpunkt unseres Afrikaabenteuers ist (Madagaskar wird ein ander Mal bereist :)). Die Regenzeit ist hier angekommen und im mittleren Osten, unserer nächsten Etappe, wird es ab Juli/August brennend heiss. So haben wir uns darauf eingestellt, für eine längere Zeit in der Hafenstadt zu bleiben, um unsere Iran Visa zu beantragen und die Weiterreise zu organisieren. 


Unser Wunsch war es seit Beginn der Reise, dass wir Afrika per Schiff verlassen können. So haben wir unzählige Cargo-Agenturen und -Unternehmen angerufen und versucht, ein Schiff nach Oman, Dubai oder Iran (schwierig wegen dem Embargo) zu finden. An Frachtschiffen und Öltankern mangelt es vor der Küste Dars nicht, wohl aber an solchen, die Passagiere mit in den mittleren Osten nehmen. Wir gingen sogar beim „Port Chief“ von Maersk persönlich vorbei, nur um zu erfahren, dass es wirklich keine Möglichkeit via Seeweg in den mittleren Osten gibt, zumindest nicht von Dar aus. Die Schiffe gehen zum Grossteil nach Singapur und die Ausreise für Touristen via Schiff ist in Tansania nicht vorgesehen und dementsprechend schwierig bis unmöglich. Ähnlich langwierig gestaltete sich die Beantragung unser Iran Visa. Erst beim zweiten Versuch wurde unser Antrag berücksichtigt und auch das dauerte aufgrund der iranischen Noruz Neujahrsferien fast drei Wochen (die machen einfach dicht zwischen dem 20. März und 5. April...). 


Mit anderen Worten: Wir waren gestrandet. Aber da gleich vor der Küste Dars die Insel Sansibar mit viel Geschichte (Omanisches Sultanat, Gewürze-, Elfenbein- und Sklavenhandel etc.) und – passend – tollen Stränden liegt, war das nur halb so schlimm. Für 10 Tage haben wir unsere Räder auf dem Festland zurückgelassen und sind als Backpacker mit der Fähre (2 stündige Überfahrt) nach Stone Town. Stone Town ist eine richtige Altstadt (die erste in Afrika für uns) mit engen Gässchen, Werkstätten, Moscheen und arabisch-indisch inspirierten Häusern mit schönen Holzbalkonen und kunstvoll geschnitzten Türen. Da wir mitten in der Nebensaison da waren, haben sich auch die Touristenscharen in Grenzen gehalten und viele Hotels und Resorts waren bereits geschlossen.


Mit einem vollgestopften „DallaDalla“ sind wir an die Ostküste nach Paje und Jambiani gefahren, wo wir viel gelesen, die Kiter bestaunt und das türkisblaue, seichwarme Meer genossen haben. Auch ein Ausflug in den Jozani Nationalforest mit seinen endemischen „Red Colubus“  und „Blue Monkeys“ hat dazu gehört. Es hat richtig gut getan, ein paar Tage die Seele baumeln zu lassen. Aber jetzt, wo wir das Iran Visa in den Händen halten und unseren Flug nach Teheran gebucht haben, können wir es kaum erwarten weiter zu ziehen und endlich wieder in die Pedalen zu treten. Afrika war eine unglaubliche Erfahrung und positive Überraschung für uns, voll von aufgestellten, tollen Menschen und unglaublichen Landschaften. Wir werden bestimmt wieder kommen. Oder wie sie hier in Tansania so schön sagen: „Karibu, welcome again“! - „Asante sana, we’ll come again“!