Lesotho

Dumela! (Hallo auf Sesotho)


Die Woche vor Weihnachten sind wir quer von Süden bis nach Norden durch das „Königreich im Himmel“, Lesotho, gereist. Lesotho ist, wie der Spitzname vermuten lässt, eine kleine, sehr bergige Monarchie, komplett umschlossen von Südafrika. In Lesotho leben zwei Millionen Basothos und das gesamte Staatsgebiet liegt über 1000 M.ü.M. (80% über 1800 M.ü.M.). Wir haben uns also auf eine sehr schöne, aber auch physisch anstrengende Woche in diesem armen und einfachen Bergstaat gefreut. 


Ohne bürokratischen Aufwand konnten wir die Grenze passieren (wir brauchten weder ein Visum noch mussten wir Geld wechseln, da der Maloti 1:1 an den Rand gebunden ist und als Währung ebenfalls akzeptiert wird). Von der ersten Minute an ging es bergauf, aber die geteerte Strasse (auf der wir nur zu Beginn unterwegs waren) war in unverhältnismässig gutem Zustand im Vergleich zur sonstigen Infrastruktur (Häuser etc.). Was uns von Beginn an ausserdem auffiel, waren die aufgestellten, interessierten und grüssenden Menschen. Die nächsten sieben Tage werden wir jeden Tag hunderte Male ein „Dumela“ austauschen und beim Vorbeifahren erklären, woher wir kommen und wohin wir gehen.


Wir haben uns bewusst für eine abgelegene Route quer durchs Niemandsland entschieden, um uns so zu exponieren und zwangsweise in engen Kontakt mit der Bevölkerung zu kommen. Dies haben wir gesucht, zum einen als Kontrast zur „durchorganisierten“, „weissen“ Etappe durch das Ostkap und zum anderen, weil wir von allen Seiten gehört haben, dass Lesotho ein sicheres und sehr gastfreundliches Land ist. Wir sind jeweils solange geradelt, bis es eindunkelte und/oder wir erschöpft waren und haben uns dann nach einem am Dorfrand gelegenen Haus umgeschaut. Nach einem kurzen „Hallo“ haben wir die Besitzer gefragt, ob wir bei ihnen im Garten für eine Nacht campieren dürfen. Der vorauseilende, positive Ruf der Basothos hat sich jedes Mal bestätigt und wir wurden stets mit offenen Armen empfangen und mussten uns wehren, dass wir nicht, den knappen Platz in ihren kleinen, bescheidenen Hütten besetzen mussten. Dafür wurde mit umso grösseren Neugierde beobachtet, wie wir unser Zelt aufstellten und unser Abendesssen zubereiteten. Erst als wir mit geputzten Zähnen im Zelt lagen und das Licht löschten, hat sich auch der letzte Nachbarsjunge nach Hause gemacht. 


Wir haben eine sehr tolle und intensive Woche erlebt: Mit unseren Gastgeberfamilien konnten wir uns zum Teil auf Englisch sehr gut und differenziert verständigen, meist blieb es aber bei einer bruchstückhaften, einfachen Unterhaltung über Familie, Herkunft und Alltägliches. Fünfmal waren unsere Gastgeber zurückhaltend, trotz grosser Neugierde. Einmal wurden wir regelrecht belagert und ausgequetscht, nicht nur von der Familie, sondern von der gesamten Nachbarschaft. Dies ist zwar völlig verständlich, aber in unserer Situation, nach einem langen, heissen Tag auf dem Sattel, haben wir uns nur noch nach Essen und Schlaf gesehnt. Das zweistündige Kreuzverhör war demenstprechend anstrengend. Aber auch hier waren die Leute eigentlich herzlich. Dieser Abend war für uns wohl ein kleiner Vorgeschmack auf das, was uns in den nächsten ostafrikanischen Ländern noch erwarten wird. 


Erstaunlich für uns zu sehen war, wie glücklich und zufrieden die Menschen in Lesotho scheinen. Die wenigsten haben Strom oder fliessend Wasser, das WC-Häuschen ist eine kleine Wellblechhütte mit Plumpsklo abseits des Hauses und die Mahlzeiten bestehen aus Maisbrei aller Art. Der Alltag ohne den für uns selbstverständlichen Komfort einer Waschmaschine etc. wird im Dorfleben augenscheinlich: Die Handwäsche am Fluss oder bei den Pumpbrunnen nimmt schnell ein paar Stunden in Anspruch und sobald die Sonne untergeht, kehrt ohne elektrisches Licht auch Ruhe auf den Strassen ein. Besonders beeindruckt haben uns die Kinder, die von klein an ohne einen Mucks zu machen tatkräftigst mithelfen. Sei es bei der Geschwisterbetreuung, beim Wasser holen oder beim Garten jäten bis spätnachts. Ausserdem sind bereits kleinste Knirpse mit eigenen kleinen Schaf-, Ziegen oder Kuhherden betraut, welche sie wie selbstverständlich den ganzen Tag hüten. Nicht wegzudenken sind zudem die treusten Helfer der Basothos, die Esel. Einmal mussten wir einem ca. 6 jährigen Jungen wieder hoch auf den Esel zu seiner Schwester helfen, da er zu klein war um selbst wieder aufzusteigen. Diese harmonische und zum grossen Teil heile Welt wird in Frage gestellt durch die praktisch in jedem noch so kleinen Dorf vorhandenen „Taverns“, „Liquor Shops“ und „General Dealers“, wo Mann schon vor dem Mittag sturzbetrunken im Schatten eines Baumes liegt.


Landschaftlich war Lesotho eine absolute Augenweide. Wir hatten Weitblick in nicht endende Bergketten, durchquerten tiefe Schluchten und radelten durch grüne, fruchtbare Felder (Lesotho hat vielmehr Niederschlag als das Ostkap). Die traditionell gekleideten Hirten mit ihren originellen Strohhüten, sturmmaskenähnlichen Mützen und umsichgeschlungenen Wolldecken sahen oft wie surreale Superhelden aus. Auch die traditionellen Rundhütten mit Strohdach haben es uns angetan. Besonders schön waren die Stunden am frühen Morgen und am Abend, wenn die Menschen ihre Waren von A nach B transportierten, meist auf dem Kopf (auch Rucksäcke). 


Die holprigen und sehr steilen Strassen mussten wir uns lediglich mit den Sammeltaxis teilen, welche die praktisch einzige Transportmöglichkeiten (neben Fuss und Esel) für den Grossteil der Bevölkerung darstellen. Wir haben geschwitzt und manchmal auch geflucht ab der pervers steilen Geröllstrassen. Nicht selten mussten wir unsere Räder auch für kurze Passagen zu zweit den Berg hochhieven. Wir sind jeden Tag über 1000 Höhenmeter bergauf „geradelt“ und mussten mehrere 1000 Kalorien in uns hineinschaufeln. Aber wenn ihr die Bilder ansieht, könnt ihr nachvollziehen, dass sich das alles einmal mehr gelohnt hat. 


Tsa tsile monate (Have a nice day :))

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