Von Wien nach Zürich

Grüass di!


Nach unserer Mammutreise sind wir am 19. Juni in Wien gelandet. Die Einreise verlief für uns Schweizer erstaunlich unkompliziert. Der Typ von der Bundeswehr wollte lediglich wissen, ob wir auf Durchreise sind, was wir natürlich brav und grundsätzlich auch wahrheitsgemäss bejaht haben.


Da waren wir also in Europa nach langer, langer Zeit. Uns war es wichtig, nicht direkt nach Zürich zurück zu fliegen, sondern langsam heimzukommen (was natürlich mit dem Rad heisst :)). Da es von Athen ja nicht klappen wollte, waren wir umso glücklicher, als Luca‘s Vater uns angeboten hat, die Fahrräder inklusive Gepäck und Anhänger für Lou per Post von Feldkirch nach Wien zu schicken. Noch am Tag unserer Ankunft konnten wir vier von fünf Paketen entgegennehmen (das Fünfte ist bis dato immernoch verschollen im Verteilzentrum 2005, aber das ist eine andere Geschichte). Martin, unser Warmshower-Host in Wien, war super hilfsbereit und hat uns bei unserer Ankunft unterstützt. 


Lou ist ebenfalls gut im Westen angekommen und hat Gefallen an den heimischen Früchten, den Parks und Spielplätzen sowie den etwas kühleren Temperaturen gefunden. Das Highlight für sie aber war, als sie in ihrer neuen Edelkutsche (Danke @Veloplus) Platz nehmen und mit uns durch Wien cruisen durfte. Ihr hättet ihr Strahlen sehen und ihr Quietschen hören sollen! Wir waren überglücklich wieder im vertrauten Sattel sitzen zu können und unabhängig mobil zu sein. 


Nach einer Woche vergeblichen Wartens auf das letzte Paket mit all unserer Fahrrad- und Campingausrüstung, haben wir uns dazu entschlossen, trotzdem aufzubrechen — zum Glück, sonst wären wir noch immer in Wien! Das erste grosse Ziel war die Stadt Graz, südwestlich von Wien. Da wir ohne Zelt waren, haben wir uns vorzu mit Warmshower-Hosts in Verbindung gesetzt, was zum Glück hervorragend funktioniert hat. Wir haben super tolle Begegnungen gemacht mit den unterschiedlichsten Gastgebern. Unglaublich, wie grosszügig die Menschen doch sind und wie wertvoll ein solches Netzwerk sein kann! Wir möchten, sobald wir den Platz dazu haben, unbedingt etwas zurückgeben und andere Radreisende bei uns in Zürich aufnehmen. Gleich die ersten Gastgeber, Marco und Sarah, haben uns grosszügerweise ihre gesamte Ausrüstung leihweise angeboten. Das Zelt, Schlafsack und ein paar warme Kleidungsstücke für Lou haben wir dankend angenommen. Damit waren wir wieder richtig unabhängig. 


Unsere grösste Ungewissheit war, wie gut, wie lange und wie weit wir mit Lou vorwärts kommen werden. Es hätte durchaus sein können, dass es ihr im Anhänger überhaupt nicht behagt und/oder sie alle dreissig Minuten eine zweistündige Pause braucht. Das Gegenteil traf ein, Lou schläft extrem viel im Anhänger und geniesst, wie die Landschaft an ihr vorbeizieht. Wir richteten unsere Pausen jeweils nach ihr, wobei wir uns manchmal danach sehnten, dass sie endlich erwacht und die für uns längst überfällige Pause verlangt. Auch das Zelten hat ihr von Beginn weg gefallen und sie hat sofort zwei Drittel des Zelts in Beschlag genommen. So kamen wir gut voran und sind nach ein paar Tagen in der sehr besuchenswerten Studentenstadt Graz angelangt. Dort haben wir einen Pausentag eingelegt, die schmucke Jugendstilwohnung und die sympathische WG genossen. 


Von Graz gings weiter südwärts in die Südsteiermark. Wegen dieser Gegend sind wir übrigens überhaupt erst nach Österreich gekommen: In Armenien haben wir ein Overlander-Paar kennengelernt, das von dieser Region geschwärmt hat. Und sie haben nicht zu viel versprochen. Die hügelige Landschaft voller Rebberge, schönen Buschenschanken und das feine, deftige Essen haben uns zugesagt. Von der Steiermark fuhren wir für einen kurzen Abstecher nach Slowenien. Denn da fliesst die Drau durch, welcher wir flussaufwärts in den nächsten Tagen bis nach Italien folgen wollten. Der Drauradweg ist sehr vielseitig, gut ausgeschildert und zu 99 Prozent autofrei. Man kommt den Alpen immer näher, passiert wunderschöne Seen und fährt durch lauschige Wälder. Auf halbem Weg haben wir zum vierten Mal auf unserer Reise Jolien und Mirko getroffen. Die Beiden mussten coronabedingt ihre Reise in Myanmar umplanen und fahren nun von der Schweiz in Richtung Osten. Es war wie immer toll mit diesen Zwei und wir schätzen es sehr, gleichgesinnte Radreisefreunde zu haben. 


Ab Lienz ging es ordentlich bergauf. Zum Glück waren unsere Muskeln mittlerweile wieder auf „Afrika-Niveau“ und wir konnten den Horden von E-Bike-Italienern, welche nur bergab fahren, mit einem Lächeln entgegenfahren. In Toblach, wo die Drau entspringt, hat uns die Bergwelt wieder einmal umgehauen. Im Herz der Dolomiten mussten wir einen Wandertag einlegen (und wenn die Campings nicht so verdammt teuer wären und nicht so viele tolle Menschen uns sehnlichst erwarten würden, hätten wir wohl glatt eine ganze Woche daraus gemacht). Unglaublich diese türkisfarbenen Bergseen, diese Weite und diese Felsformationen — wir kommen wieder!


Talabwärts düsten wir nach Bozen, wo wir vor knapp zwei Jahren bereits vorbeifuhren. Die Etsch hoch wollten wir dieses Mal die Alpen anstatt über den Ofen- und Albulapass über den Reschen- und den Flüelapass bezwingen. Wie immer wenn’s richtig schön wird, wird’s auch richtig streng. Aber das Gefühl, wenn man auf 2400 M.ü.M. ein alkoholfreies Gipfel-Bier trinkt und am Abend todmüde ins Zelt fällt, ist jede Schweissperle und jedes Fluchen wert. Aber Flüela, du bist wirklich ein „Saucheib“!


Schneller als gedacht waren wir wieder in der Schweiz. Es war ein spezielles Gefühl, nach so langer Zeit wieder Schweizer Boden unter den Füssen/Rädern zu haben. Aber es war nicht so überwältigend, wie wir es erwartet haben, da wir uns in unserem eigenen Tempo der Heimat nähern konnten. 


Ab Landquart radelten wir auf vertrauten Wegen (wobei wir uns vor allem an die Essstopps erinnern konnten :)) an den Churfirsten vorbei in Richtung Zürich. Und zack waren wir zu Hause, in der Mitte von unseren Liebsten, die uns herzlich empfingen und ganz gespannt auf die kleine grosse Lou waren.


Es fühlt sich sehr gut, aber auch noch leicht unwirklich an, wieder zu Hause zu sein. Was wir mit Bestimmtheit sagen können, ist, dass dieses Abenteuer eine der allerbesten Entscheidungen unseres Lebens war und dies sicher nicht unsere letzte grosse Reise war.


Es ist schön, wieder bei euch zu sein und es war super toll, euch digital als Mitreisende Leser dabei gehabt zu haben. Danke!


Pfüeti und bis bald!


Hannah, Luca & Lou

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Vietnam Teil 3

Xin Chao zum Letzten 


Nach fast zehn Wochen mussten/durften/konnten wir unser kleines Paradies in An Bang verlassen und unsere längst geplante Reise gegen Norden fortsetzen. Mit dem letzten Nachtzug des Tages sind wir in zwölf Stunden nach Ninh Binh/Tam Coc gefahren. In Tam Coc gibt es schöne Karstfelsen inmitten knallgrüner Reisfelder zu bestaunen. Wir waren ziemlich die einzigen Touristen vor Ort und haben einmal mehr gesehen, wie viele Menschen in Vietnam auf den Tourismus angewiesen sind. So reihten sich Boot an Boot während die Ruderinnen vergeblich auf Kundschaft warteten. 


Den nächsten Stopp legten wir im nordöstlich gelegenen Mai Chau ein. Dort war die Reisernte in vollem Gange und die ersten Reisfelder wurden bereits abgefackelt. Noch besser als Mai Chau hat uns aber Pu Luong gefallen, wohin wir einen dreitägigen Ausflug mit dem Roller gemacht haben. Die riesigen Reisterassen haben es uns echt angetan: Diese verschiedenen Nuancen in grün, die je nach Licht und Reifestadium von dunkelgrün bis dunkelgelb schimmern, sind eine wahre Augenweide. Krass, wie aufwändig der Reis hier in grösster Handarbeit gesäht, gepflegt und geerntet wird. Die einzige „mechanische Hilfe“ sind die alten Bambuswasserräder, welche zur Bewässerung der Felder dienen. 


Nach diesen Tagen in der Natur fühlten wir uns gewappnet für die Grossstadt Hanoi. In der wuseligen, mopedgeprägten Hauptstadt hat nicht nur Lou grosse Augen gemacht. Zum Glück gab es an jeder Ecke leckere Streetfoodstärkungen, nette Cafés und zwischendurch ein Bia Hoi. Aber der Sommer war bereits eingetroffen und es war in den Nachmittagsstunden unaushaltbar heiss, so dass es uns auf die (leider nicht viel kühlere) Insel Cat Ba zog. 


Cat Ba liegt bei Halong Bay und die Insel besteht aus dicht überwucherten Karstfelsen, die aus dem Meer ragen. Um die umliegenden Buchten Halong und Lan Ha zu erkunden, haben wir uns eine Suite auf dem fünf Sterne Boot namens Rosy gegönnt. Auch dieser Tourismuszweig kämpft mit grosszügigen Rabatten um die knapppen Gäste. Auf dem halbvollen Schiff waren wir die einzigen Westler. Es war ein für uns ungewohntes, oberluxus Erlebnis und schien oft unwirklich, wenn wir zum Beispiel bei klassischer Klaviermusik im Speisesaal einen Zehngänger verschlingten und vor uns die schöne Landschaft vorbeizog. Die Vietnamesen haben es auch genossen, insbesondere die Hardcore-Massagedüsen. 


Eine entspannte Woche auf dieser hübschen Insel war genug und wir reisten über Haiphong nach Ho Chi Minh City, wo wir Lou‘s dritten Pass machen mussten. In Ho Chi Minh City hat bereits die Regenzeit begonnen und so war es im Vergleich zum Norden angenehm „kühl“ bei nur 32 Grad. Lou‘s Pass inklusive neuem Visastempel waren schnell gemacht und jetzt waren wir richtig bereit und vorfreudig auf Europa. Musste nur noch ein bezahlbarer und „direkter“ Flug nach Wien gefunden werden. Der direkteste Flug war dann via Seoul und Doha und dauerte „lediglich“ 42 Stunden. Die Flughäfen waren ungewohnt, ja fast gespenstisch leer, die meisten Shops zu und die Anzeigetafeln zeigten selbst an den grösseren Flughäfen nur eine handvoll Flüge. Zuerst dachten wir ein 18-stündiger Aufenthalt sei so ziemlich das Maximum. Doch dann haben wir Tatjana und Juliana aus Kolumbien kennengelernt. Die Beiden haben schon zwei ganze Monate am Flughafen verbracht, konnten weder nach Korea ein- noch nach Kolumbien ausreisen und haben somit bereits über 60 Tage keine frische Luft mehr geatmet und keine Sonnenstrahlen gespürt. Die 18 Stunden in Seoul kamen uns auf einmal nicht mehr lange vor und wir schätzten uns glücklich, als wir nachts um halb zwei weiterfliegen konnten.


Europa wir kommen!


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Vietnam Teil 2

Xin chao zum zweiten!


Wir sind immer noch hier in An Bang. Aus einer Woche (geplant) wurden ganze zehn! Aber wir können uns nur wiederholen und betonen, was für ein toller Ort es war für diese verrückte Zeit. Zwar hat sich anfangs April hier die Situation ebenfalls zugespitzt und es gab einen „Lockdown light“. Konkret hat dies bedeutet, dass die Restaurants und Bars nur noch für Take Away geöffnet waren, die Märkte nur mit Maske besucht werden konnten und die Strände „aufgehört haben zu funktionieren / zu arbeiten“ :). Dieses Stadium dauerte drei Wochen, danach wurden die Einschränkungen wieder schrittweise gelockert. Aber auch in dieser Zeit konnten wir uns immer frei bewegen und die Strände waren trotz Absperrband sehr gut besucht (mitunter von uns). Seit dem 17. April hat Vietnam offiziell keine neuen Corona-Fälle mehr verzeichnet und seit anfangs Mai reisen die Vietnamesen munter im ganzen Land umher und am Himmel sind wieder viele Flugzeuge zu sehen.


Als es sich abgezeichnet hat, dass wir wohl noch länger hier bleiben werden, haben wir unsere Visa nochmals um einen weiteren Monat verlängert und uns gemütlich eingerichtet: Zu viert haben wir ein Haus in umittelbarer Strandnähe gemietet, wir haben unseren deutschen Freunden Jassen beigebracht, viel gekocht, Freunde empfangen, mit der Familie geskyped, bei der Reisernte zugeschaut und umliegende Attraktionen wie die „My Son“-Tempelanlagen und die Cham Inseln erkundet – praktisch ohne andere Touristen.


Nachdem wir gestern nochmals einen schönen Strandpicknick-Abend verbracht haben, geht es nun heute endlich weiter und wir verlassen das liebgewonnene An Bang und viele tolle Menschen, die wir hier kennengelernt haben. Wir nehmen den Nachtzug in den Norden und freuen uns auf die schöne Natur, die es da oben geben soll, und hoffentlich auch auf kühleres Klima (hier wurde es seit einer Woche richtig heiss).


Lou ist der grösste Sonnenschein und entwickelt sich prächtig. Sie hat den Sand für sich entdeckt, brabbelt Unverständliches aber scheinbar sehr Wichtiges und probiert sich durch die exotischen Früchte, die es hier zuhauf gibt. Und natürlich ist sie der Star für die jungen Vietnamesinnen :).


Wir haben derzeit vor, Mitte Juni über Österreich in die Schweiz zurück zu reisen. Aber es scheint, dass höhere Mächte es nur ungern sehen würden, wenn wir Asien demnächst verlassen. So gibt es bisher kaum gute Flüge und zudem hat der Visa-Agent Lou‘s Pass verloren. Somit erhält unsere siebenmonatige Tochter wohl bald ihren dritten Pass.


Es bleibt also kurzweilig bei uns, wir melden uns aus dem Norden wieder.


Liebe Grüsse, einen schönen Sommerbeginn und bleibt gesund!


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Vietnam Teil 1

Xin Chào!


Bereits beim Grenzübergang von Myanmar nach Mae Sot in Thailand hat uns Corona eingeholt. In Myanmar war der Virus kein Thema, kaum jemand trug eine Atemschutzmaske und offiziell gab es sehr lange keine Infiszierte im ganzen Land. Trotz den plötzlich allgegenwärtigen maskierten Menschen verlief die Einreise problemlos und wir sassen am Tag darauf im Bus nach Bangkok.


In Bangkok wollten wir unsere Weiterreise planen und ein paar Ruhetage einlegen, waren wir in Myanmar doch ziemlich auf Achse. Den ursprünglichen Plan, über Kambodscha auf dem Landweg nach Vietnam zu reisen haben wir aufgrund der sich verschärfenden Situation kurzfristig geändert: Jeden Tag änderten die Ein- und Ausreisebestimmungen, wir wollten nicht in Kambodscha fest sitzen und auf dem Landweg hätte uns in Vietnam eine zweiwöchige Quarantäne erwartet. Als wir eines Morgens unsere E-Visa für Vietnam erhielten (wir haben schon ein wenig gebibbert), haben wir umgehend unsere Flüge gebucht und sassen fünf Stunden später im Flieger nach Ho-Chi-Minh City (ehemals Saigon).


Die Ruhe am Flughafen in Bangkok, dem sonst so geschäftigen Drehkreuz Südostasiens, war gespenstisch und unser kurzfristig gebuchter Flug einer der ganz wenigen, hinter dem nicht rot und fett „Cancelled“ stand. Noch während wir am Gate standen, haben sich die Visa-Bestimmungen für Schweizer geändert (da ging’s in der Schweiz gerade richtig los) und wir wurden aufgerufen (ein komisches, ungewohntes Gefühl, ist man sonst mit dem roten Pass doch besonders privilegiert). Nachdem wir erklären konnten, dass wir unsere Visa am gleichen Tag erhalten haben und einem Anruf nach Vietnam wurden wir doch noch auf den Flieger gelassen. Phu, wieder mal Glück gehabt. Lou hat den ganzen Flug über friedlich gekröst und zack waren wir in Vietnam.


Unerwarterweise war die Einreise nach Vietnam absolut unkompliziert und schnell. Wir mussten lediglich auf einem Wisch unterschreiben, dass wir keinerlei Symptome hatten und in den letzten vierzehn Tagen weder in China, Korea, Italien noch im Iran waren. Check.


Durch den super wusligen Rollerverkehr ging‘s weiter in das Zentrum von HCMC, wo wir eine gute Bleibe hatten. Luca hat die Stadt kaum wieder erkannt, da hat sich richtig viel getan in den letzten zehn Jahren. Die Tourismus-Infrastruktur ist enorm gewachsen, aber die Touristen waren aufgrund der Corona-Pandemie schon mehrheitlich abgezogen oder sind gar nicht erst gekommen (wobei, wenn man das mit der Situation heute vergleicht, war das damals noch richtig busy). Eine sehr erfreuliche Entwicklung war die Entstehung einer lebhaften und sehr guten Craft-Beer-Szene. Während in Malaysia, Thailand und Myanmar die Innovation im Biermarkt mittels Braukartellen und Nicht-Vergabe von Braulizenzen (ausser an die paar wenigen Grossen) erfolgreich unterbunden wird, ist in Vietnam ein liberales Bier-Regime in Kraft. Endlich gab es anstatt langweiliges Lager „Passionfruit Wheats“, „Cyclo Stouts“ und „Dragonfruit Goses“ – eine sehr willkommene Gaumenfreude.


Nach drei Tagen Grossstadt, Rumgehupe und Mutproben beim Strassenqueren haben wir uns in einem Liegebus nach Mui Ne, einem Strand-Ort vier Stunden nördlich, aufgemacht. In Mui Ne haben wir ein günstiges Hotel mit hübschem Pool gefunden und haben die Ruhe dieser kleinen Oase sehr geschätzt. Nebst den weissen Dünen (zu denen wir uns trotz Covid-19-Verbot reingeschmuggelt haben), gab es einen hübschen „Fairy Stream“ in grün und rot zu bestaunen. Das Highlight aber war der Fischerhafen mit den unzähligen, bunten Fischerbooten und -schalen. Die Fischer kommen in ihren absolut antiaquadynamischen Nussschalen erstaunlich schnell vorwärts, mittels einer interessanten, einhändigen Rudertechnik.


Mit dem Zug (im Vergleich zur letzten Fahrt in Myanmar ein absoluter Hochgeschwindigkeitszug, der mit 80 km/h, superpünktlich und leise unterwegs war) fuhren wir nach Quy Nhon. Quy Nhon ist eine grössere Stadt am Meer, die praktisch ausschliesslich vietnamesische Touristen anzieht. Alles war hier gross angelegt, von den Strassen, über die Ho-Chi-Minh & Vater-Statue bis zum geräumigen Strand. Ein empfehlenswerter Stopp auf dem Weg in den Norden.


In An Bang, einem kleinen Dörfchen am Meer, vier Kilometer vom UNESCO-Dorf Hoi An entfernt, haben wir Claas & Lizzy wieder getroffen. Die beiden Langzeitreisenden aus Berlin haben wir vor vielen Monaten auf einer schönen Hüttenwanderung in Georgien kennengelernt. Die Freude am Wiedersehen war gross und wir hatten uns viel zu erzählen. Ursprünglich hatten wir geplant, nur ein paar Tage hier zu bleiben, um danach nach Hanoi und von da aus nach Taiwan weiter zu reisen. Auch Claas & Lizzy, sowie Claas’ Schwester und ihr Freund hatten vor, in den nächsten Tagen weiter zu ziehen. Doch die Situation weltweit hat sich rasant verändert, so dass wir zuerst mit Pläne schmieden und verwerfen gar nicht mehr nachkamen und schliesslich ganz damit aufgehört haben: Die Einreise nach Taiwan war mittlerweile unmöglich und auch die Absicht, von Athen ab Mai zurück in die Schweiz zu radeln (wie ursprünglich angedacht), scheint leider nicht mehr realistisch. So waren wir alle regelrecht gestrandet. Aber das ist halb so schlimm, denn es ist ein wunderbarer Ort, um auszuharren: Pool, Meer, gutes vietnamesisches Essen (mmmh, frische Kräuter und herzhafte Suppen), Fahrräder (mit Kindersitz!), ein Hoi An ohne Touristen, ein süsses Töchterchen, das sich täglich weiterentwickelt und gute Gesellschaft. So lässt es sich aushalten. 


So verbringen wir unsere Tage mit planschen, lesen, durch die Reisfelder radeln, joggen und Yoga, Karten spielen, Geburtstag feiern, den Locals beim Drachensteigen zuschauen und Strandpicknicks. Wir versuchen derzeit unsere Visa bis anfangs Mai zu verlängern, hoffen, dass dies klappt und richten uns in der Zwischenzeit schon mal häuslich ein. In die Schweiz zurückzukehren scheint für uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht sehr attraktiv. Hier ist alles noch viel entspannter, wir können uns frei bewegen und haben schönes, warmes Wetter. Auch das Wiedersehen mit euch allen, wäre in Quarantäne-Zeiten nicht so, wie wir uns das wünschen.


In diesem Sinne halten wir euch auf dem Laufenden, vertrösten euch mit ein paar Bildern und wünschen euch eine kurzweilige Zeit Zuhause. 


Liebste Grüsse und vielleicht schon bis balder als gedacht :)

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Myanmar

Mingalabar!


Da waren wir – auf einem laut knatternden, wackligen Longtailboot, gekleidet in die obligatorischen und leicht schimmligen Schwimmwesten. Myanmar wir kommen. Kaum angelegt in Kawthaung, dem südlichsten Ort Myanmars, wird uns bewusst, dass hier ein anderer Wind weht. Was für einer werden wir in den nächsten gut zwei Wochen noch intensiv erfahren. Er duftet aber auf jeden Fall stark nach Betelnuss. 


Es scheint als hätten wir mit der Überquerung des Grenzflusses auch eine Reise in die Vergangenheit gemacht. Alles hier ist einfacher, ursprünglicher und durch das auch exotischer. Die Nähe zu Indien ist spürbar und das Lächeln in den Gesichtern sowie die Neugierde (insbesondere gegenüber dem jüngsten Familienmitglied) deutlich grösser. Was zudem gleich ins Auge sticht sind die vielfältig bemalten Gesichter: Aus Baumrinden gewinnen die Burmesen ein weisses Pulver namens „Thanaka“ und verschönern sich damit morgens Wangen, Stirn und Nasenspitz.


Wir machen uns auf die Suche nach dem „Immigration office“, um unsere Einreisestempel zu erhalten. Wir werden fündig, auch wenn wir es erst glauben, als wir die Stempel in unseren Pässen sehen. Denn die beiden Herren, die in einem unscheinbaren, verlotterten Büro sitzen, tragen ärmellose Unterhemden und Flipflops, und sehen damit nicht wirklich wie Grenzbeamte aus. Erst seit Ende 2015 ist der südliche Zipfel auf dem Landweg bereisbar (zuvor war die Gegend fast fünfzig Jahre lang vom Westen isoliert) und diese Einreiseerfahrung bestätigt uns, was wir im Vorfeld gehört haben: Es kommen immer noch kaum Touristen hierher. Auf dem Weg in den Norden wird uns auch bewusst werden, was einer der Hauptgründe dafür ist: Das Land ist sehr gross und langgezogen und die Reisen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sind sehr zeitintensiv. So nehmen nur wenige den Weg von den bekannten Hotspots Myanmars im Norden (Bagan, Mandalay, Inle Lake) in den fernen Süden auf sich. Umso besser für uns!


Kawthaung ist eine sehr lebendige, vom Handel und der Fischerei geprägte Hafenstadt. Wir haben die drei Tage dort sehr genossen, haben das Treiben am Hafen beobachtet, die Märkte durchstöbert, Strände und Pagoden besucht. Danach begann unsere lange, aber kurzweilige Reiserei nordwärts. Von Kawthaung werden wir bis nach Hpa-An und von da aus über Myawaddy nach Thailand reisen. Für diese insgesamt rund 1‘180 Kilometer werden wir 40 Stunden in Bussen, Minivans und Bummelzügen verbringen (das ist fast ein stolzer 30 km/h Schnitt :)). Wer uns jetzt voreilig Rabeneltern schimpft, der hat Lou während diesen Reisen nicht gesehen. Für sie waren Reisetage Highlights. Nicht nur bekam sie die volle Aufmerksamkeit und Nähe von uns beiden, sie wurde auch von allen mitreisenden Burmesen unterhalten und bespasst. In Kombination mit den schönen Landschaften verflogen die Stunden im Nu und unser Reisewortschatz erweiterte sich um neue Worte wie „Mädchen“ (Meggele) und „süss“ (Chesuyade).


Die erste, kurvige und hüglige Etappe nach Tanintharyi führte durch Palmöl-, Gummibaum- und Betelnuss-Plantagen. Die Betelnusspalmen wurden gerade abgeerntet und deren Früchte am Strassenrand getrocknet. Einmal trocken geht die Reise einer Betelnuss wie folgt weiter: Die Nüsse werden geschält, gescheibelt, an den omnipräsenten Betelnussständen mit Tabak, gelöschtem Kalk und Gewürzen zu mundgerechten Häppchen gerollt, gekauft, gekaut und ausgespuckt. Die aufputschende Wirkung (oder der Tabak) scheint süchtig zu machen und so wird nach wie vor sehr fleissig gekaut und gespuckt, von Mann und Frau, jung und alt. Da helfen auch die Kampagnen des Staats nicht („for a spot of betel-nut I spit out my dignity...“).


In dem kleinen Dorf Tanintharyi haben wir zwei Nächte im einzigen Hotel des Orts verbracht und sind in das Dorfleben eingetaucht: Wir wurden spontan auf eine Hochzeitsfeier eingeladen (das Ehepaar trug übrigens auch Flipflops), haben die schönen Holzhäuser auf Stelzen bestaunt, den Schulkindern beim Auswendigschreien zugehört (am Abend werden mantraartig die immer gleichen Sätze wiederholt, es scheint pädagogischer Nachholbedarf zu bestehen) und den lokalen Bootsbau studiert. Mit Füssen und Händen kamen wir deutlich weiter als mit Englisch und liessen uns immer überraschen, wenn wir im Restaurant etwas bestellten. Burmesisch schnappten wir etwas Weniges auf (dank guten Eselsbrücken), aber die Sprache ist mit ihren langen Wörtern, der anspruchsvollen Aussprache und einer in unseren Augen wunderschönen aber kriptischen Schrift schwierig zu erlernen.


Weiter ging‘s per Minivan nach Myeik, wiederum eine von der Fischerei geprägte, sehr wuselige Hafenstadt. Wir haben es geliebt von der Dachterrasse unseres Hotels dem Treiben auf dem Wasser zuzuschauen und haben ausnahmslos sehr lecker und günstig Fisch und Meeresfrüchte schnabuliert.


Der Buddhismus ist sehr präsent in Myanmar. Zum einen durch die allgegenwärtigen Pagoden (man hat immer mindestens eine im Blickfeld), zum andern durch die hohe Anzahl an Mönchen und Nonnen. Von jedem Burmesen wird erwartet, dass er (mindestens) zwei Mal in seinem Leben eine Zeit im Kloster als Mönch lebt, einmal als Novize im Kindesalter, einmal als Erwachsener (wobei die Eltern beide Male den Zeitpunkt bestimmen). Die rot-orange wallenden Gewänder waren immer wieder ein Hingucker.


In Myeik hatten wir zudem das Glück ein Chinlone-Turnier zu sehen. In ganz Südostasien ist der Sport mit dem kleinen geflochtenen Ball, den Mann zu dritt pro Team auf einem Badminton-ähnlichen Feld hin- und herkickt, verbreitet. Doch nirgends haben wir so viele Männer Chinlone spielen sehen wie in Myanmar. Überall wurde auf teils sehr improvisierten Feldern (manchmal auch nur freundschaftlich im Kreis) und auf unterschiedlichen Niveaus gespielt. Hier gerieten wir unverhofft an ein professionelles Turnier in einer normalen Wohnstrasse. Das schnelle Spiel war äusserst akrobatisch und unterhaltsam, doch aufgrund der zahlreichen Unterstützer auch ohrenbetäubend. Solange Lou es zugelassen hat, haben wir gestaunt und waren immer wieder überrascht, wie es den Spielern gelang, nach den spektakulärsten Kicks auf den Beinen zu landen.


Zweihundert Kilometer weiter nördlich lag der nächste Stopp: Dawei. Eine nicht unbedingt sehenswerte Stadt, aber ein hervorragender Ausgangspunkt, um die Halbinsel mit ihren schönsten Stränden zu erkunden. Mit dem Roller haben wir menschenleere, feinsandige Strände besucht, sind geschwommen, haben frischen Fisch und feine Salate verspiesen. Urpsrünglich wollten wir von Dawei zurück nach Thailand (Dawei ist in etwa auf der Höhe von Bangkok). Aber da es uns in Myanmar so gut gefallen hat und wir vom langsamsten Zug der Welt weiter nördlich gehört haben, entschieden wir uns, noch ein paar Stationen in Myanmar zu besuchen.


Von Ye aus haben wir spektakuläre Tempelanlagen besichtigt und unser Zugabenteuer gestartet. Am Schienennetz sowie an den Zügen scheint, seit die Briten 1948 abgezogen sind, nichts mehr gemacht worden zu sein. Im Zug hat es gerüttelt, geschwankt und geholpert wie in einem Sturm auf hoher See – kein Wunder wenn man sich die Dellen in den Schienen anschaut. Sieben Stunden haben wir für die knapp 150 Kilometer nach Mawlamyine benötigt - „Tuddung, tuddung, tuddung“. Aber es war eine super schöne und tolle Fahrt mit vielen herzlichen Begegnungen, Komfort (wir waren nicht in der „Holzklasse“, sondern hatten gepolsterte Sitze) und fliegenden Händlern, die mit Essen und kühlem Bier für das Leibeswohl gesorgt haben. Dennoch haben wir uns just in diesem Moment mal wieder nach unseren Fahrrädern gesehnt, nach wie vor unsere liebste Fortbewegungsart. 


In Mawlamyine haben wir nur eine Nacht verbracht und sind dann weiter nach Hpa-An gereist. Dank Polarsteps haben wir gesehen, dass wir Jolien und Mirko, die von Thailand kamen, in Hpa-An treffen und so Jolien zu ihrem 30. Geburtstag überraschen können. Die Überraschung ist geglückt und wir haben zu fünft tolle letzte Tage in Myanmar verbracht. Die Landschaft hat sich hier deutlich geändert und es gab schöne Karstfelsen, saftige Reisfelder und grosse Höhlensysteme zu erkunden.


Über die streckenweise holprigste Strasse überhaupt sind wir nach Myawaddy an die Grenze zu Thailand gefahren. Wow, was für ein tolles Land! Ein Land mit unglaublich herzlichen und fröhlichen Menschen, viel Kultur, unerwartet leckeren Speisen, schöner Natur und wenig Touristen. Wir könnten hier noch viel hinzufügen, aber wir denken die Bilder sprechen für sich.


In diesem Sinne beste Grüsse von uns drei und bis bald!

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Thailand

Sawadee-ka(p)


Am 1. Februar sind wir mit Sack und Pack und Lou ausgezogen und haben unser liebgewonnenes Penang verlassen. Wir haben versucht, uns aufs Nötigste zu beschränken, aber haben unserer Meinung nach noch immer zu viel Gepäck. Lou’s Kleider sind zwar klein, aber dafür nehmen ihre Windeln viel Volumen ein (endlich haben wir jemanden, dem wir alles Mögliche in die Schuhe schieben können und die sich (noch) nicht wehrt :)). 


Im Minivan sind wir über Hat Yai und Trang nach Koh Mook gereist. Auf der Insel hat es bereits ein grosses Wiedersehen mit Jolien, Mirko, Jiri und Kathrina (ein Paar aus Tschechien, das wir in Georgien getroffen haben) gegeben. Auf Koh Mook, einer schönen, aber auch nicht allzu schönen Insel (wir wissen, dass wir schon sehr verwöhnt sind), haben wir gemütliche Tage genossen und uns zu sechst solidarisch entleert nach einer wohl nicht ganz koscheren Früchteplatte (für uns war es erst die zweite Magendarm-Eskapade seit Tansania, keine schlechte Bilanz wie wir finden). 


Von der nächsten Insel, Koh Kradan, trennte uns nur eine zehnminütige Longtailbootfahrt. Dieses kleine, charmante Paradies hat es uns angetan. Nicht zuletzt weil es auf der Insel lediglich zwei motorisierte Fahrzeuge gibt, das Eine ist ein Traktor mit innovativem Sitz, das Andere ist das batteriebetriebene Gefährt eines kleinen Jungen. Drei Tage und Nächte haben wir auf der „Insel der sanften Hügel“ verbracht, haben gefläzt, geschnorchelt, Lou gebadet und am einsamen Strand ein schönes Feuer entfacht. Die neuste Anschaffung ist übrigens eine selbst wippende Hängematte, in der Lou super lange Mittagsschläfchen macht und sie zudem vom allgegenwärtigen Sand fern hält. Koh Kradan, definitiv ein Ort, den es sich lohnt zu besuchen.


Mit einer bunten Fähre gings zweieinhalb Stunden nordwärts nach Koh Lanta. Koh Lanta ist eine relativ gut entwickelte und seit vielen Jahren etablierte Touristendestination, die es trotzdem geschafft hat, grosse Hotelklötze und Massentourismus à la Phuket, Krabi und Koh Samui zu vermeiden. Wir haben je drei Nächte am Klong Khong (auch „Reggae Beach“ genannt) und am Long Beach verbracht. Die Atmosphäre war sehr entspannt und da gerade Februar war, gab es sehr viele Familien aus Westeuropa. Wir sind mit vielen ins Gespräch gekommen, insbesondere vertreten waren Schweden, Norweger, Deutsche und Österreicher, die allesamt Teil ihrer sehr grosszügigen Elternzeit genossen haben. Wir wollen hier nicht in die Details gehen, aber so viel sei gesagt, die Schweiz ist diesbezüglich schon sehr knausrig/konservativ, aber wir sind umso froher, dass wir uns diese Zeit trotzdem nehmen. Auf Koh Lanta haben wir die Infrastruktur genossen. Dazu gehören leckere, bunte Frühstücksteller, hübsche Bars und schöne Sonnenuntergänge :).


Danach war ausgeinselt und wir sind weiter zum Khao Sok Nationalpark gefahren. Dschungelwanderungen haben wir bereits ausgiebig gemacht und diese sind mit Lou „im Gepäck“ bei schwülen 35 Grad auch nur mässig attraktiv. Dafür haben wir eine zweitägige Bootstour auf dem 1985 angelegten, riesigen Chiao-Lan Stausee gemacht. Übernachtet haben wir auf schwimmenden, kleinen Häuschen und konnten so die schönsten Stimmungen auf dem See erleben. Es war toll endlich wiedermal im Süsswasser zu baden und auch die aus dem Wasser ragenden Felsformationen waren eine Augenweide. 


Die letzte Station in Thailand war die Grenzstadt Ranong, eine authentische, thailändische Kleinstadt. Die ungewohnten Proteinquellen sind hier nicht wie an der Khao San Road in Bangkok für Touristen gedacht, sondern werden fleissig von den Einheimischen verzehrt. 


Thailand war wie erwartet ein guter Auftakt für die Wiederaufnahme unserer Reise. Die Infrastruktur, das super leckere Essen, die wunderschöne Natur und die netten, gut englischsprechenden Thais haben uns wieder in Erinnerung gerufen, warum dieses Land seit Jahrzehnten eine so beliebte Destination für Touristen aus der ganzen Welt ist. Wir beide waren vor zehn Jahren das erste Mal gemeinsam in Thailand und sind gerne zu dritt zurückgekehrt (und Luca hat Hannah, sich selbst und manchmal auch die Thais mit seinen im Austauschsemester in Bangkok gelernten Thaisprachkenntnissen überrascht). Die grösste Veränderung ist, dass nun Bumiphols Sohn mit seinen abstehenden Ohren, von den allgegenwärtigen Königsbildern blickt. 


Wir freuen uns auf den erst seit wenigen Jahren bereisbaren Süden Myanmars. Dass uns dort wieder mehr Abenteuer und „richtiges Reisen“ erwartet, hat bereits die Bootsüberfahrt über den Grenzfluss angekündigt. Dazu aber mehr bei der nächsten Post.


Liebste Grüsse, wir drei.

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Zurück aus der Babypause und Bye Bye Penang

Hallo zusammen

 

In den letzten Monaten hat sich wie angekündigt einiges getan bei uns :). Aber beginnen wir von vorne.

 

Nach unserer letzten Reise zu zweit haben wir uns in unserem super komfortablen Zuhause fertig eingerichtet und haben gespannt auf unseren Überraschungsgast gewartet. Es war für uns beide das erste Mal, direkt am Meer zu wohnen und wir haben die Aussicht auf‘s Wasser und die Skyline, die Stimmungen von unserem Balkon auf dem sechsten Stock sowie das Meeresrauschen sehr genossen. Gebadet haben wir allerdings meist in unseren Pools :). Ansonsten haben wir unsere gut ausgestattete Küche fleissig genutzt, haben Brot gebacken, unser eigenes Müesli geröstet und viele leckere Gerichte für das „Wochenbett“ vorgekocht und eingefroren. 

 

Nicht nur dank unserem Appartment haben wir uns auf Penang wohl gefühlt. Die Insel und insbesondere Georgetown haben es uns echt angetan. Diese tolle Mischung der verschiedenen Kulturen, von Moderne und Tradition sowie der kulinarischen Einflüsse haben wir auch nach fünf Monaten nicht satt. Immer wieder sind wir durch die Gassen von Georgetown geschlendert, haben neue Ecken, alte Lagerhallen und schöne „Georgetown-Patina-Fassaden“ entdeckt. Zu diesen Erkundungstouren gehörte immer auch das Ausprobieren neuer Gerichte und die Suche nach noch nicht gekosteten Leckereien (diese Mission ist bis heute nicht abgeschlossen). Was wir wohl am meisten vermissen werden und am liebsten in der Schweiz einführen würden sind die hier typischen „Food Courts“: Zwanzig bis dreissig Essensstände, die je ihre eigenen Spezialitäten anbieten (i.d.R. vier bis fünf Gerichte) gruppieren sich um einen überdachten und mit Ventilatoren ausgestatten Platz im Freien und teilen sich die Plastik-Tisch- und -Stuhl-Infrastruktur. Man macht die Runde, stellt sich ein vielseitiges Menü zusammen und gibt seine Tischnummer an. Nach und nach werden die Gerichte aufgetischt und direkt beim jeweiligen Koch / der Köchin bezahlt. Dazu gibt‘s frische Fruchtsäfte, Tea Tarik oder gekühltes Bier. Und wenn man nach Assam Laksa (süss-sauer-scharfe Fischnudelsuppe), Dim Sum (gefüllte Teigtaschen), Popiah (eine Art malayische Frühlingsrolle), Roti Cennai (indisches Crêpes mit Dal) und Satay (Fleischspiesschen) noch nicht genug hat, gibt‘s noch hauchdünne Apom Telur (Kokos-Pfannkuchen) zum Nachtisch.

 

Am 9. Oktober kurz vor 13 Uhr war‘s dann nach einer unkomplizierten Geburt im Spital endlich soweit und wir konnten unsere Tochter Lou Emma auf dieser Welt begrüssen. Was für ein Wunder!! Wie dankbar und glücklich wir sind, dass wir eine solch entspannte Schwangerschaft und schöne Geburt erleben durften. Zu alledem haben wir mit Lou noch ein super gesundes, zufriedenes und gut schlafendes Mädchen bekommen — was für Glückspilze wir doch sind. Sonst wäre es uns (auch rückblickend) nicht so leicht gefallen im siebten Monat noch weiter weg von zu Hause zu reisen und dieses nächste Abenteuer am anderen Ende der Welt zu beginnen. Hinzu kommt ein auch durch diese Reise gestärktes Grundvertrauen in uns und die guten Menschen, die man überall auf dem Globus trifft. Und insbesondere in Afrika haben wir die Gewissheit verinnerlicht, dass Kinder überall zur Welt kommen (und dies ein ganz natürlicher Vorgang ist). Hätten wir auf all die „guten“, respektive gutgemeinten Ratschläge gehört, hätte sich Hannah seit dem dritten Schwangerschaftsmonat kaum noch bewegt, wir wären schon längst zurück in der Schweiz und hätten uns mit Jungenkleider eingedeckt (lustigerweise haben uns neunzig Prozent aller Menschen, die sich nach Blick auf den Bauch nach dem Geschlecht unseres Kindes erkundigt haben, gesagt „it‘s gonna be a boy“, aufgrund der Bauchform und/oder -grösse, der Schönheit der Mutter oder vielleicht einfach auch, weil in vielen Kulturen noch immer ein männlicher Stammhalter bevorzugt wäre).

 

Wir aber sind überglücklich mit unserem Entscheid, bis zum Schluss sehr aktiv unterwegs gewesen und nicht in die Schweiz zurückgekehrt zu sein (und natürlich ein so goldiges Mädchen zu haben :)). Insbesondere für Luca ist es ein grosses Geschenk, so viel wertvolle „Vaterzeit“ zu haben. Das hätten wir uns in der Schweiz so nicht leisten können. Auch unsere Doula, Glynis, die uns von vor der Geburt bis zu den ersten Tagen im Wochenbett super betreut hat und stets zur Verfügung gestanden ist, war ein Luxus.

 

Nun war sie also da, die kleine Lou. Wir haben uns auf schlaflose Nächte, viel Geschrei und einen kleinen Radius eingestellt — und wurden eines Besseren belehrt. Bereits nach einer Woche waren wir wieder bis spätabends in Georgetown unterwegs, haben unsere geliebten Foodcourts aufgesucht und haben bis neun Uhr morgens ausgeschlafen. Die wichtigsten zwei „Gadgets“ (nach Hannah‘s Brüsten ;)) sind das Tragetuch und ein kleines, portables Bettchen, das sich auf zwei zusammengestellten Stühlen platzieren lässt. Lou saugt die spannende Welt mit grossen Äuglein auf und wir geniessen es zu beobachten, wie sie jeden Tag wieder einen kleinen Entwicklungsschritt macht.

 

Im November besuchte uns Hannah’s Mutter und wir haben Lou bereits einem ersten „Reisetauglichkeitstest“ unterzogen. Via Fähre sind wir für eine knappe Woche auf die nördlich gelegene Insel Langkawi gereist und haben die hügelige, wildere Insel mit ihren hübschen Stränden erkundet. Fazit: Lou ist absolut reisetauglich :). Auch über Weihnachten / Neujahr durften wir Familienbesuch empfangen: Luca’s Vater und Brüder kamen für zwei Wochen vorbei und gemeinsam sind wir nach Koh Lipe, Thailand, gefahren, haben geschnorchelt, gejasst und gefischt. Über Hat Yai und Kuala Lumpur für Silvester ging es zurück nach Penang. Fazit: Definitiv sehr reisetauglich, die kleine Lou :).

 

Der Januar verging wie im Flug und Lou‘s Götti Zach beehrte uns mit seinem zweiten Besuch. Ende Monat konnten wir Jolien und Mirko hosten, die mit ihren Rädern (!) von Singapur auf dem Weg zurück in die Schweiz sind. Das Timing hat perfekt gepasst, waren es doch unsere letzten Tage und zudem der Beginn der vierzehntägigen chinesischen Neujahrsfeierlichkeiten (wir haben jetzt das Jahr der Ratte, Lou ist noch Schwein :)). In Georgetown wurden übergrosse Räucherstäbchen abgefackelt, stellvertretend für Probleme und Sorgen wurden Vögel gekauft und freigelassen und der Tempel Kek Lok Si in ein Lichterschloss verwandelt. Hier wurde uns mal wieder bewusst, was für eine zentrale Bedeutung Geld für die Chinesen hat: Da „Ananas“ auf chinesisch ähnlich wie „Wohlstand“ klingt werden überall Ananas auf die Altare gestellt und anstatt „frohes neues Jahr“ wünscht man sich „mögest Du mehr Geld verdienen“.

 

Und bereits hiess es Abschied nehmen. Von unserem tollen Zuhause, von Gareth, der einen tollen Buchladen führt und dort donnerstags tolle Filme aus aller Welt gezeigt hat (wir waren Stammgäste) und von der chinesischen Tenniscrew, die Luca in ihren Kreis aufgenommen und ihm wichtiges Mandarin-Vokabular wie „zu lang / draussen“ und „guter Schlag“ beigebracht haben. Lou ist nun vier Monate alt, hat einen (wenn auch erst provisorischen) Schweizer Pass und scheint unsere Vorfreude auf die bevorstehende Reise zu teilen. Wir werden bestimmt eines Tages nach Penang zurückkehren (und es aufgrund der verrückten Bautätigkeit kaum wiedererkennen). Aber jetzt geht‘s erst mal und endlich nordwärts gegen Thailand. Wir halten euch auf dem Laufenden.

 

P. S. Via Polarsteps könnt ihr „tracken“, wo wir uns gerade befinden, respektive wo wir schon überall waren.

 

 

 

 

 

 

 

 

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Malaysia - eine letzte kleine Reise zu zweit

Hallo zusammen


Nachdem wir uns in Penang gut eingerichtet haben, sind wir für knapp zwei Wochen durch den Norden Malaysias gereist – unsere letzte Reise zu zweit, wohl für eine längere Zeit :).


Die erste Station war Ipoh; eine hübsche, kleine, chinesisch geprägte Stadt mit sehr leckeren Dim Sum, toller „Street Art“ und schönen Tempeln in den umliegenden Karstfelsen. In einer siebenstündigen aber sehr komfortablen Busfahrt durch die hügelige, grüne Dschungellandschaft sind wir an die Ostküste nach Kuala Besut gefahren. Von dort aus ging‘s mit einem kleinen Boot auf die „Perhentian Islands“. Auf der kleineren der beiden Inseln haben wir viel gelesen, frischen Fisch gegessen und ausgiebig geschnorchelt. Die Riffe in der Umgebung waren eine richtige Augenweide. Nebst super intakten Korallen haben wir zahlreiche Stachelrochen, Riesenschildkröten, Napoleonfische, knallbunte Papageienfische, kleine Riffhaie und einen riesigen Fischschwarm bestaunt. Eine wirklich tolle Destination, um abzutauchen!


Nach einem weiteren, langen Reisetag sind wir in einem der ältesten Dschungel überhaupt angekommen, dem „Taman Negara“ (was nichts anderes als „National Park“ auf Malay bedeutet). Dort sind wir auf eigene Faust durch das Dickicht gewandert, was bei den vorherrschenden Temperaturen (in Kombination mit der hohen Luftfeuchtigkeit) ziemlich schweisstreibend war. Aber die Urwaldriesen, die riesige Pflanzenvielfalt sowie die witzigen kleinen Tierchen waren es allemal wert (abgesehen von den hinterhältigen Blutegeln, die den Weg ebenfalls zu uns gefunden haben). Am Abend hat es jeweils geschüttet, als gäbe es kein morgen. Wir haben selten solche Regenfälle erlebt und waren ausnahmsweise froh, nicht in unserem Zelt zu sein.


Auf dem Rückweg nach Penang haben wir noch einen Stopp in den „Cameron Highlands“ gemacht. Das angenehm kühle Klima war eine willkommene Abwechslung nach Insel- und Dschungelhitze. Auch wenn das Hochland sehr touristisch und baulich ziemlich verunstaltet ist, sind die Teeplantagen und die Wanderwege ausserhalb der kleinen Städte sehr empfehlenswert.


Wieder in Penang angekommen „vergitzeln“ wir schier voller Erwartung und Vorfreude und melden uns wieder, wenn wir zu dritt sind. 


Bis dann!


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Malaysia – Das Ankommen

Hallo ihr Lieben!


Wir wussten, dass der Wechsel vom Kaukasus in die Megametropole Kuala Lumpur (KL) ein krasser Kontrast sein würde. Und das war‘s auch :). Die anderthalb Millionenstadt Tbilisi gleicht einem grösseren Dorf im Vergleich zur Hauptstadt Malaysias. Alles ist gross, hoch, weit und lebendig. Wir haben ein paar Tage gebraucht, um richtig „anzukommen“. Insbesondere weil wir ja hierher gekommen sind, um uns ein gutes „Nest“ für die nächsten Monate, die Geburt und die erste Zeit mit unserem Kleinen / unserer Kleinen zu finden.


Aber Malaysia und seine Bewohnerinnen und Bewohner haben es uns leicht gemacht, uns hier willkommen und wohl zu fühlen: Alle Menschen sind freundlich, fröhlich und aufgestellt, können gut bis sehr gut Englisch (als ehemalige Kolonie Grossbritanniens), das Essen ist unglaublich vielseitig und lecker, und der Verkehr sowie das Leben auf der Strasse trotz der Dichte ausgesprochen gemässigt (im Vergleich zu anderen asiatischen Städten, die wir besucht haben). Malaysia ist ein Schmelztiegel der Kulturen und Religionen. Neben den (muslimischen) Malay machen chinesisch- und indischstämmige Menschen die Hauptteile der Bevölkerung aus. Hinzu kommen zahlreiche grosse Gemeinschaften aus Indonesien, Thailand, Singapur, Pakistan und dem Westen. Das Eindrückliche ist, dass diese Gruppen sehr tolerant sind und eng zusammen leben: Der chinesische Tempel ist direkt neben dem grossen indischen Festzelt (eine Woche lang wurde gleich neben unserem Airbnb heftigst bis tief in die Nacht gefeiert) und der Ruf des Muezzins schwebt über alledem. 


Wir haben uns von Beginn an ein straffes Programm zusammengestellt, Spitäler und Ärzte besucht sowie zahlreiche Appartments besichtigt. Je länger wir in KL waren, desto mehr konnten wir es uns vorstellen, hier für länger zu bleiben. Trotz den riesigen Malls, aus denen man kaum mehr hinausfindet und der ununterbrochenen Bautätigkeit, hat die Stadt auch sehr viel Lebensqualität zu bieten: Es gibt viele Grünflächen mitten in der Stadt, Parks, Kulturorte, extrem leckere Strassenküchen und kleines Quartierleben inmitten der Wolkenkratzer. Die Hochhäuser im Stadtzentrum sind sehr eindrücklich. Sie wirken auf uns oft surreal und als eine Art Zukunftsbild, das noch in weiter Ferne liegt. Aber diese extreme Verdichtung kann, sofern sie gut geplant und umgesetzt ist, den öffentlichen Verkehr gut miteindenkt (in KL nicht passiert, leider...) und die Natur in unmittelbarer Nähe im Gegenzug unberührt lässt, durchaus eine gute Option für die Zukunft darstellen.


Ein toller Ausflug waren die „Batu Caves“. Die riesigen Höhlen am Stadtrand beherbergen einen Hindu-Tempel und eine extrem dreiste (und süsse) Affenbande, welche die Besucher furchtlos um alles Essbare erleichtert. Über bunte, steile Treppenstufen erreicht man die Haupthöhle und man fühlt sich weit weg von der Grossstadt.


Nach einer guten Woche, sind wir mit Zug und Fähre fünf Stunden nördlich auf die Insel Penang gereist – die mögliche Alternative für unser neues Zuhause. Wenn man sich unter Penang eine verlassene Insel mit weissen Sandstränden und Bungalows vorstellt, wird man bereits bei der Fährenüberfahrt eines besseren belehrt. Das Stadtzentrum um Georgetown hat auf den ersten Blick nicht weniger Wolkenkratzer als Kuala Lumpur und die weissen Sandstrände findet man eher im Norden und Süden der Insel (aber es gibt sie :)). Aber sobald man Fuss auf die Insel setzt, merkt man schnell, dass hier ein anderes, ruhigeres, gemütlicheres Lüftchen weht. Das alte Zentrum besteht aus dem von UNESCO geschützten Georgetown, ein grosses Quartier mit zweistöckigen, hübsch verlotterenden Häuschen mit lokalem Gewerbe, chinesischen Händlern und viel Street Art. Wenn man hier durch die Gassen spaziert, fühlt man sich wie auf einer Zeitreise in’s alte China. 


Penang ist ausserdem über die malaische Grenze hinaus für sein „Streetfood“ bekannt. In grossen Scharen kommen hungrige Städter aus KL, Koreaner, Inder, Araber, Chinesen, Westler nach Penang und schlagen sich die Bäuche mit scharf-sauren Nudelsuppen, Currys auf Bananenblättern, grillierten Stachelrochen und frischen Kokospfannkuchen voll. Wir probieren uns ebenfalls fleissig durch und schwärmen hier mit Rücksicht auf eure Magensäfte nicht weiter vor. 


Schon nach zwei Tagen stand für uns fest, dass Penang und nicht KL der Geburtsort unseres Kindes sein soll. KL war uns dann doch eine Nummer zu gross und Penang hat uns mit seinem Charme und der Nähe zum Meer für sich gewonnen. Wieder haben wir zahlreiche Appartments besichtigt und haben nach drei Tagen und insgesamt dreissig Wohnungen unser Traum-Zuhause gefunden: eine helle, grosszügige, moderne Zweieinhalbzimmerwohnung mit Balkon, Meersicht und einer riesigen Poollandschaft. Schon zwei Tage später konnten wir einziehen und mittlerweile sind wir schon gut eingerichtet und haben uns eingelebt. Auch für die Geburt ist alles aufgegleist: eine Hebamme aus Südafrika (passend zu unserer Reise) wird uns begleiten und der Spital befindet sich wenige Kilometer von unserem Zuhause entfernt. 


Wir haben noch eine letzte kleine Reise zu zweit geplant. Ansonsten chillen wir und sind in freudiger Erwartung. Wir halten euch auf dem Laufenden und grüssen euch ganz lieb.

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Georgien

Gamarjoba!

 

Uff, schon lang ist‘s her, als wir die Grenze von Armenien nach Georgien querten, die einfachste Grenzüberquerung unserer Reise (Schweiz - Italien ausgenommen): Pass vorweisen, stempeln und ohne von den Rädern steigen zu müssen oder gar das Gepäck scannen zu lassen ging‘s weiter.

 

Auch sonst war der Grenzübergang eher sanft: weiterhin orthodoxe Kirchen, für unser Auge gleichaussehende und -gekleidete Menschen, die Sprache klang ähnlich und die georgischen Schriftzeichen gleichen den Armenischen, auch wenn das beide Seiten mit gutem Recht vehement bestreiten würden. Allgemein ist man in diesen jungen, kleinen Ex-Sowjet-Staaten sehr stark auf die eigene Identität, die Einzigartigkeit in Geschichte und Kultur sowie die Abgrenzung gegenüber den Nachbarn bedacht – dazu später noch ein, zwei Anekdoten. Der grösste, uns auffallende Unterschied war der wieder eher ruppigere Fahrstil der Georgier (Autofahren ist, wie so oft, grösstenteils Männersache). Wo wir diese Zeilen schreiben fällt uns gerade auf, dass dies ein globales Phänomen zu sein scheint: Noch nie während der ganzen Reise war die Person, die den Minibus, das Taxi, den Car oder das Uber lenkte eine Sie... Das nur am Rande.

 

Von der Grenze bis in die georgische Hauptstadt Tbilisi waren es zwei kurze Radeletappen. Wir haben einen tollen Wildzeltplatz auf einem trockenen Kornfeld gefunden und haben einen schönen, wehmütigen, vorerst letzten Abend als Radtourende verbracht. DENN, wer das noch nicht durch uns persönlich oder das scheinbar gut funktionierende Buschtelefon erfahren hat, ist Hannah zu diesem Zeitpunkt bereits im siebten Monat schwanger :)!!! Dank einer sehr unkomplizierten Schwangerschaft konnten wir seit dem Zeitpunkt als wir von unserem grossen Glück erfahren haben (in Blantyre, Malawi) noch viele tausende Kilometer weiterradeln. Aber nun war es soweit, dass wir es ein wenig ruhiger angehen wollten / mussten (das ist uns so halb gelungen...:)). Die Vorfreude auf das neue Kapitel unserer Reise schaffte es mit uns erstaunender Leichtigkeit, den Wehmut zu übertönen. Denn sonst wären wir noch sehr lange weitergeradelt.

 

Die letzten Kilometer in die Millionenstadt wurden wir von Paolo begleitet, der uns netterweise entgegenfuhr und uns durch den Grossstadtverkehr sicher zu sich nach Hause lotste. Paolo und Luca haben sich vor neun (!) Jahren auf einer Bootstour am Inle Lake in Myanmar kennengelernt. Durch Zufall haben wir wenige Tage zuvor via Facebook erfahren, dass der gebürtige Italiener mittlerweile in Tbilisi lebt und dort als Englischlehrer arbeitet. Paolo hat uns kurzerhand angeboten, bei ihm in seinem kleinen aber super zentralen Appartment in der Stadt zu wohnen. Ein Angebot, das wir dankend angenommen haben (wie viele grosszügige und spontane Menschen es doch auf der Welt gibt!). Tbilisi und Paolo’s Wohnung waren während unsere Georgienzeit die nächsten sieben Wochen immer wieder ein kleines „Daheim“, zu welchem wir regelmässig zurückkehrten und wo wir uns erholten, mit Paolo kochten und diskutierten, unsere Räder eintüteten und unser Gepäck zwischenlagerten.

 

Die ersten Tage haben wir Tbilisi erkundet und dabei bereits viel über Georgien, seine junge Geschichte und das aktuelle Selbtsverständnis erfahren. Georgien, das Geburtsland Stalins, ist seit 1991 unabhängig und ging in den 90er Jahren aufgrund der fehlenden wirtschaftlichen Eigenständigkeit durch „dunkle Zeiten“ (im wahrsten Sinne des Wortes, da Elektrizität knapp rationiert war, aber auch aufgrund hoher Kriminalitätsraten etc.) gegangen. Die ursprünglich georgischen Gebiete von Abchasien und Südossetien gingen während den Sezessionskonflikten, beziehungweise mit dem Kaukasuskrieg 2008 in russische Verwaltung über. Dies war und ist DER grosse Dorn im Auge der Georgier. „20% of my country is occupied by Russia“-Aufkleber sieht man auf praktisch jedem Auto, ja sogar auf Weinflaschen und Souvenirartikeln aufgedruckt. An unserem ersten Wochenende kam es zu grossen Krawallen und riesigen Protesten vor dem Parlament, da während einem Gipfel der orthodoxischen Gemeinschaft in Tbilisi auch ein russischer Parlamentsvertreter geladen war, der an das Rednerpult trat und sprach. Für die Georgier ein riesiger Affront! Die Gegenreaktion Russlands war, dass sie sämtliche Direktflüge nach Georgien einstellen liessen (russische Touristen machen den Hauptteil in Georgien aus). Und so geht das ewige Hin-und-Her weiter... Georgien orientiert sich daher stark nach Europa und versteht sich mit grosser Selbstverständlichkeit als Teil Europas, mit Flaggen vor dem Parlament und allem drum und dran.

 

Tbilisi ist architektonisch eine spannende Stadt mit alten, leider oft zerfallenden Häusern mit hübschen Holzbalkonen, gemischt mit Sowjet-Bauten, viel moderner Architektur und zahlreichen Parks. Fast die Hälfte der 3.7 Millionen Georgierinnen und Georgier leben in der Hauptstadt. 

 

Da wir wussten, dass wir immer wieder hierher zurückkehren werden (die Verkehrsführung zwingt einem dazu), gingen wir bald in die östlich von Tbilisi gelegene Weinregion Kakheti. In Napareuli haben wir für fünf Tage auf einem Kleinstweingut und Boutique-Hotel als Volunteers gearbeitet. Hannah hat sich vor allem im Umgang mit Kleinkindern geübt (es galt, zwei Zwillingspaare im Alter von sieben Monaten und dreieinhalb Jahren zu betreuen) und Luca hat auf dem Weinberg gejätet und Holz gehackt. 

 

Es waren fünf tolle und chaotische Tage auf diesem kleinen Gut, die uns einen guten Einblick in die georgische Kultur gegeben haben. Wir haben gelernt, wie man das köstliche Nationalgericht „Khinkali“ (mit Hackfleisch gefüllte Teigtaschen) zubereitet und die nach wie vor lebhafte „Tamada“-Tradition kennengelernt: Der Tamada, meist der Gastgeber und Patriarch (Georgien ist noch immer eine sehr konservativ geprägte Gesellschaft), ist verantwortlich für das (Trink-)wohl und die Unterhaltung der Gäste. In sehr regelmässigen Abständen erhebt sich dieser und widmet einen oft sehr langen, emotionalen und rührenden Trinkspruch oder eine Geschichte an Gott / die Mütter / Frieden / die Verstorbenen / das gute Essen / Wein / Freundschaft / die Zukunft etc., worauf sich alle erheben und mit einem „Gamarjus“ ihre Gläser mit Wein oder Chacha (=omnipräsenter, georgischer Grappa) „auf Ex“ trinken. Hannah hatte öfters ihre Schwierigkeiten, den wohlwollenden Männern und Frauen zu erklären, dass schwangere Frauen in unserem Kulturkreis auf Alkohol verzichten, ja, auch auf den „so gesunden“-, „natürlichen“-, „gut für das Herz“- und „gut für das Baby“-Wein oder Chacha. Auch morgens beim Frühstück. Über Sinn und Zweck des exzessiven Alkoholkonsums mag man sich streiten, aber die Sprüche und Widmungen haben uns gut gefallen und es ist ein schöner Brauch.

 

Die nächsten Tage haben wir mit unserer georgischen Hauptbeschäftigung verbracht: Wandern im Kaukasus. Wir haben so ziemlich alle Wandergebiete besucht und sind begeistert von der schönen Natur Georgiens. Das erste Highlight war der Lagodekhi-Nationalpark im Nordosten, direkt an der Grenze zu Russland. In drei Tagen sind wir zu einem wunderschönen See auf 3000 M.ü.M. gewandert und haben das saftige Grün und die super Aussichten genossen.

 

Als krasser Kontrast dazu haben wir ein paar Tage im selten besuchten Vashlowani Nationalpark im Südosten an der Grenze zu Aserbaidschan verbracht. Hier war es nicht mehr grün, sondern wüstenähnlich karg und heiss. Die Landschaft war aber ebenso beeindruckend und vielseitig. Einzig das Wort „Schlammvulkane“ hat eine Vorfreude und Vorstellung geweckt, dem die reale Erscheinung nicht gerecht wurde.

 

Danach ging’s mit Autostopp (funktioniert super in Georgien!) zurück nach Tbilisi. Diesmal fuhr der freundliche Herr, der uns mitnahm, nicht in eine Sackgasse, um Luca nach mehrmaligem Ablehnen doch noch dazu zu überzeugen, mit ihm eine 2.5 Liter Pet-Bierflasche zu trinken (wie das auf der Hinfahrt mit seinem Vorgänger geschehen ist), sondern fuhr direkt, dafür in umso waghalsigeren Überholmanövern nach Tbilisi.

 

In Tbilisi nahmen wir Luca’s Weingruppe, bestehend aus Zach, Paolo und Ale in Empfang. Wir freuten uns sehr über den Besuch aus der Schweiz und haben fünf tolle Tage in Tbilisi und Kakheti verbracht. Der georgische Wein wird oft noch traditionell hergestellt. Sie sagen „wie vor 8000 Jahren“, und meinen das positiv. In der Tat war es spannend, die grossen „Qvevris“ (vergrabenen Tonamphoren, in denen der gepresste Traubensaft mit Schalen und allem drum und dran unkontrolliert vergoren wird) sowie die diversen anderen „Instrumente“ (ausgehöhlte Kürbisse, mit denen man den Wein zur Degustation herausschöpft; „antiseptische“ Leder/Rinden-Lappen an Stecken befestigt zur Reinigung; riesige Trinkhörner für spezielle Trinksprüche) zu sehen. Aber für den Geschmack und die Qualität der Weine hätten wir uns oft ein wenig mehr Mut zur Innovation (damit ist nicht gemeint, den Wein in Wasserspendern auszuschenken, so gesehen in Batumi) gewünscht. Die Weine waren oft „interessant“, selten richtig „lecker“ und mit „langem Abgang“ (und wenn, dann war der erdig...). Trotzdem waren es unterhaltsame Besuche auf den diversen Weingütern. Wir haben Dinge gesehen, die wir sowohl vorher wie auch nacher nie mehr so erleben werden (riesige Schimmeltanks aus der Sowjet-Zeit, kilometerlange Weinkeller-Tunnel im Berg etc.).

 

Luca’s Jungs wurden abgelöst vom künftigen Gotti Laura, mit der wir drei Wochen den restlichen Teil des Landes erkundet haben. Zuerst ging es nach Kazbegi, wo wir mit Zelt und Proviant wunderschöne Wanderungen gemacht haben (Hannah hat nochmals einen 3’400 M.ü.M. Pass gemacht, so viel zu „es ruhiger angehen lassen“). Danach fuhren wir über Achalzikhe und Vardzia (ein unglaublich tolles, altes Höhlenkloster) nach Batumi an’s Schwarze Meer. Leider hat das Wetter für unseren Badeurlaub nicht so mitgespielt, aber die für Georgien sehr atypische Stadt hatte uns dennoch fasziniert. In einer langen Mashrutka-Fahrt ging’s nach Mestia in Svaneti. Svaneti ist die wohl bekannteste Wanderregion im Kaukasus, nicht zu Unrecht. Schneebedeckte Berge, grosse Gletscher und eine unglaublich reiche Flora und Fauna wissen zu gefallen. In drei Tagen sind wir von Mestia nach Ushguli gewandert und sind dabei durch breite, eisig kalte Gletscherflüsse gewatet (mit unseren Hosen) und an unendlich vielen Schmetterlingen vorbeigezogen. Die Svan-Dörfer sind für ihre Befestigungstürme bekannt: Jede Familie hatte ihren eigenen Turm. Als wir den Spielfilm „Dede“ über den in der Svan-Kultur weit verbreiteten Frauenraub zwischen Dörfern und Familien gesehen haben, wussten wir auch um deren Zweck.

 

Zurück reisten wir über die alte Hauptstadt Kutaissi (sehr schmuck, toller Markt und ebenfalls einen Besuch wert!) und von da aus mit dem alten, unklimatisierten Zug nach Tbilisi. In Tbilisi gaben wir uns nochmals die volle Ladung georgischer Kalorien: Kachapuri (sehr leckeres Brot mit reichlich geschmolzenem Käse in allen Formen: zwischendrin, obendrauf, überall, mit Ei und Butter), Lobiani (Brot mit Bohnenfüllung), Kinkhali, Auberginen mit Wallnusspesto (sehr lecker) und Tomaten-Gurken-Salat (unglaublich schmackhafte Gurken und Tomaten gibt es in Georgien).

 

Am gleichen Tag wie Laura stiegen wir in den Flieger, sie zurück in die Schweiz, wir ohne Räder weit in den Osten: Malaysia. Hier werden wir uns ein gutes „Nest“ (Spital, Wohnung etc.) suchen, um während den nächsten Monate im neuen Leben anzukommen.

 

Auf bald, ihr Lieben!

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